>>> „Montierung, Ausrüstung & Waffen“
>> Farbige gefasste Schäfte bei Gewehren, Feldzeichen und Stangenwaffen der Altpreußischen Armee und ihre Repräsentation im Hobby
Die Uniformen der Friderizianick sind oberflächlich betrachtet vor allem eines – Bunt dieser Fakt wird von niemandem bezweifelt und ist mitunter auch ein Grund eben diese Zeit darzustellen, nicht jüngere Epochen.
Erstaunlich anders verhält es sich bei der Farbfassung von Gewehrschäften Fahnen und Stangenwaffen. Als wir vor gut zwei Jahren nach einiger Recherche ankündigte unsere Musketen Rot zu streichen kamen vor allem Kommentare wie: Dann seht ihr aber anders aus. Das sieht doch Scheiße aus! Musketen waren immer Braun! Das ist nicht militärisch.
Um diesen Stimmen etwas entgegen zu setzen möchten wir hier kurz zu unserem Projekt und zur Farbigkeit der Musketen, Feldzeichen und Stangenwaffen des Friderizianischen Heeres im allgemeinen Stellung beziehen.
Erstmals lasen wir in Hans Bleckwenns „Die Uniformen der Preußischen Infanterie“ (1973) das die Schäfte der Feldzeichen, Stangenwaffen und Gewehre des Regiments Kamin rot gestrichen seien. Mit dieser Information betrachteten wir erneut die Darmstädter Grenadierbilder welche auch Angehörige des Regiments Nr.12 zeigen. Dort ist deutlich zu erkennen dass das der Gewehrschaft den gleichen rot Ton wie der Riemen aufweist. Zugleich belegt die ebenfalls klar zu sehende braune Lederscheide das die Farbwahl hier nicht in Ermangelung eines adäquaten Brauntons sondern gewollt geschah.
Letzte Gewissheit brachte schließlich ein Befehl aus dem erhaltenen Parole buch des Regiments Nr.12
Dort heißt es am 15.06.1750: „Die Herren Capitains sollen die Bursche anhalten, daß Sie ihre Gewehre nicht mit gelbem, sondern mit rothem Firnis wie Ihro Durchlaucht bey dem Apotheker Eggert bestellt haben, ingleichen die Taschen mit Firnis anschmieren und werden I. D. inskünftige keinen in der Parade dulden, der nicht sein Gewehr mit rothem Firnis u.d. Taschen mit anderem Firnis angestrichen hat u. brauchen die Bursche das Gewehr nicht abzuscharben, sondern die Coleur nur so lassen u. rothen Firnis überstreichen.“[1]
Grenandier des Regiments Erbprinz, deutlich ist das rot der Muskete im gegensatz zum braun der Säbelscheide zu erkennen. (Darmstädter Grenandierbilder)
Somit kann die Rotfärbung des Gewehrschaftes des Regiments Nr.12 klar nachgewiesen werden. Darüber hinaus enthält die Anweisung einen weiteren wichtigen Hinweis es wird mit Firnis gestrichen also einem Leinöl welchem Pigmente zugefügt werden. Dadurch bleibt die Maserung des Holzes anders als bei Modernen Farben klar sichtbar. Auch entfällt der bekannte aufwendige Prozess des Beizens.
Auf dieser Grundlage haben wir eine Muskete vor einem Monat nun rot gestrichen und mann muss sagen, das Ergebnis überzeugt absolut. Das Rot kontrastiert wunderbar mit dem polierten Stahl und Messing, auch wirkt die gesamte Darstellung dadurch im Exerzieren artifizieller. Und, und das ist das wesentliche es ist authentisch.
Mit der Leinölfarbe behandelte reproduzierte Muskete, das rot kontrastiert stark zum silber und gold von Messing und Eisen.
Wie verhält es sich aber in der Gesamten Altpreußischen Armee?
Die genaue Farbgebung der Gewehre ist tatsächlich noch wenig erforscht und nicht Publiziert! Anders verhält es sich jedoch mit der Farbgebung der Fahnen und Stangenwaffenschäfte daher will ich hier Kurz einen Überblick geben.
Farbreste auf einem Preußischen Füsilier Kurzgewehr von 1775 im Wehrhistorischen Museum Rastatt
Auf Grundlage der Daten aus Bleckwenns „Die Uniformen der Preußischen Infanterie“ lässt sich feststelllen, Tatsächlich sind Lediglich 16,3% der Fahnenschäfte hell oder Dunkelbraun also Holzsichtig. Den größten Teil machen die mit schwarzer Firnis gestrichenen Schäfte (41,82%) aus. Aber auch weiß (32,55%) und Gelb (7,27%) sind nicht selten vertreten. Bei den Dragonern finden sich sogar grüne und Blaue Fahnenschäfte.
Farben der Fahnenschäfte nach Bleckwenn
Natürlich wird nicht in jedem Fall die Gewehrfarbe der Fahnenfarbe entsprochen haben, aber es ist ein durchaus spannendes Forschungsthema.
Halbwegs sicher können wir die Farbe der Musketen nur für jene Regimenter bestimmen welche in den Darmstädter Grenadier Bildern erfasst wurden. Und auch diese sind natürlich nur für den Zeitpunkt der Abbildung verbindlich solange keine weiteren quellen vorliegen. (siehe Tabelle)
Musketenfarben nach Regiment basierend auf den Darmstädter Grenandierbildern.
Und es zeigt sehr deutlich das vor der Schwarzen Fassung aller Schäfte von Gewehren, Feldzeichen und Stangenwaffen gegen Ende des Jahrhunderts bei weitem nicht alle Schäfte Holzsichtig waren.
Im Hobby finden sich jedoch vorwiegend braune Schäfte, dies mag vor allem daran liegen dass wir als Menschen des 21. Jahrhunderts die „Natürlichkeit“ des Holzes bevorzugen.
Die Menschen des 18.Jahrhunderts hatten jedoch ein ganz anderes empfinden für Ästhetik, darum forscht!
Habt Mut authentisch zu sein und euch nicht mit Meinungen und Vermutungen des 21. Jahrhunderts über Dinge abzufinden für die ihr mit etwas Recherche zeitgenössische Belege findet.
____________________________________
[1] Parole Buch des Regiments Erbprinz von Hessen Darmstadt 1750, 15.06.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.