Zum ersten Mal vielleicht stand er draußen, der junge Grenadier, dessen schlanke, hochgewachsene Gestalt den Schönen seines Dorfes nicht weniger in die Augen stach, als den Werbern des großen Kurfürsten, die ihn schließlich gewaltsam daraus entführt hatten. Wenn er früher einmal auf Posten gestanden, so war’s unter dem Fenster der Liebsten in kühler Mondnacht, so war’s im leichten Bauernwams, eine schwanke Gerte in der Hand. Heute aber haben sie ihn um die Mittagszeit eines heißen Sommertags vor das reich verschnörkelte Thor eines Palastes geführt; es muß wohl ein sehr hoher Herr sein, der da drinnen wohnt, den er bewachen soll.
Er betrachtet alle die fremden Wunder ringsum und gerade da, wo ihm die Instruktion ein strammes „Kehrt“ vorschreibt, lockt ihn ein eisernes Parkthor, dahinter dichtes Gebüsch, einsame schattige Pfade. Lange hat er der Lockung widerstanden, nur auf Augenblicke hat das Pendel gestockt; aber die Steinbank an der Mauer ruft gar so traute Erinnerungen in ihm wach. Er kann nicht anders, er muß sich einen Augenblick darauf setzen, die schwere Patrontasche thut noch ein Uebriges und „halb zieht sie ihn, halb sank er hin“. Die Bäume flüstern, die Wasser plätschern, sonst Alles still. Er entschlummert. Aber horch, was raschelt im Gebüsch, was knirscht auf dem Sandwege, wie der Tritt eines Raubthiers? Es ist der Herr Lieutenant; er hat den Schläfer entdeckt; lauernd beugt er sich über den Pflichtvergessenen und in Kurzem wird der Stock, den er noch hinter dem Rücken verbirgt, den schonen Traum des armen jungen Grenadiers ein unsanftes Ende bereiten.
Bilder: Zeichnung von R. Warthmüller (1887), Kersten Kircher
Text: Wikisource
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